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Wie lange dürfen Fresspausen sein?

Die Sache mit den Karenzzeiten

Die Frage welche Haltungsform nun den Bedürfnissen unserer Pferde am ehesten entspricht, treibt viele Pferdehalter um. Ist das Pferd nun in erster Linie ein Steppentier, dass täglich 16 Stunden fressen muss?

Die Vorfahren unserer Pferde sind in Europa während der Eiszeiten ausgestorben. Das moderne Pferd (Equus caballus) ist gegen Ende der Eiszeiten vor ungefär 5.000-7.500 Jahren (Jungsteinzeit) aus Nordamerika eingewandert. Während gegen Ende der Eiszeiten Kältesteppen mit Zwergbüschen, vielen Kräutern und wenig Gräsern der vorherrschende Lebensraum waren, war in der Klimaphase des Atlantikums das Klima bei uns im Mittel ca. 2-3°C wärmer als zu Zeit und Buchen-Mischwälder die vorherrschende Landschafts- und Vegetationsform. Das an offene Landschaften angepasste Pferd konnte hier vermutlich nur überleben, weil es von anderen großen Pflanzenfressern oder dem Menschen (der seßhaft wurde) geschaffene Lichtungen gab. 

Vom Menschen gezähmte Hauspferde gab es in Mitteleuropa ab ca. 1.300-750 v. Chr., d.h. seit dieser Zeit werden Pferde vom Menschen gehalten. Das ursprüngliche Steppentier weidet also bei uns bereits seit mindestens 5.000 Jahre an Waldrändern und auf Lichtungen, bzw. vom Menschen geschaffenen Wiesen. Seit mindestens 2.770 Jahren werden Pferde vom Menschen auf für sie angelegten Weiden gehalten und verbrachten die Wintermonate höchstwahrscheinlich in irgendeiner Form eingepfercht und gefüttert. Das Pferd hatte also einen sehr langen Zeitraum zur Verfügung, um sich an wandelnde Lebensformen anzupassen. 

Soweit wir wissen, haben Pferde heute immer noch den gleichen Verdauungstrakt wie ihre Vorfahren: Sie haben einen relativ kleinen Magen (10-15l) und verdauen einen großen Teil ihrer Nahrung (v. a. die Pflanzenfasern aus Cellulose) mit Hilfe von Mikroorganismen im Blinddarm. Dennoch leben sie auch schon sehr lange unter Bedingungen ohne ganzjährige kontinuierliche Nahrungsverfügbarkeit zwischen Herbst und Frühjahr. Pferde wären daher vermutlich längst ausgestorben, wenn sie nicht in der Lage gewesen wären, längere und kürzere Hungerphasen ohne bleibende Schäden zu überstehen. 

Obwohl die Vermeidung längerer Fresspausen inzwischen allgemein als wünschenswert akzeptiert ist, gibt es zu den Auswirkungen von Fastenzeiten auf das Pferd nach wie vor nur wenig wissenschaftliche Untersuchungen. Es gibt Anzeichen, dass Hungerphasen zu erhöhtem Säuregehalt im Magen und in der Folge zu Magengeschwüren führen können. Auch der ganze Verdauungstrakt kann von einer Übersäuerung betroffen sein (Zeyner, Diätetik beim Pferd, 1995). Allerdings tritt Übersäuerung besonders häufig auf, wenn Raufutter durch Kraftfutter ersetzt wird. 

C. Dahmke konnte 2008 in ihrer Studie anhand kontinuierlicher pH-Messung im Magen von Pferden zeigen, dass dieser im Tagesverlauf deutlich schwankt (1,3-4,7), auch wenn Heu kontinuierlich verfügbar ist. Niedrige pH-Werte im Magen, scheinen also nicht unbedingt unnatürlich zu sein. Auch Stress kann zu Übersäuerung führen und für manch ein Pferd ist das beständige Warten auf die Zuteilung von Miniportionen vielleicht ebenso mit Stress verbunden, wie lange Fresspausen.

Auf jeden Fall ist die totale Vermeidung von Fresspausen mit dem geringen Futterbedarf von leichtfuttrigen Rassen, kaum zu vereinbaren. 

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