Weniger ist nichts
Bedarfsberechnung für eine Kleinpferd
Oft bleibt es uns ein Rätsel, warum unsere Pferde zu dick sind, obwohl sie doch nur so wenig bekommen. Um eine bedarfsgerechte Fütterung zu finden, muss ich zunächst den Bedarf meines Pferdes kennen.
Dabei startet man mit dem sogenannten Erhaltungsbedarf. Das ist die Menge an Energie-, Eiweiß- und Mineralien, die für den Stoffwechsel eines Pferdes in Einzel- oder Kleingruppenhaltung in der Box oder dem Kleinauslauf mit stundenweisem Weidegang notwendig ist.
Dafür brauchen wir als allererstes das Gewicht unseres Pferdes. In diesem Beispiel gehe ich von einem 400kg schweren Kleinpferd aus. Aus diesem Gewicht, auch Körpermasse (KM) genannt, leitet sich das Zahlenmaß der metabolischen Körpermasse (MKM) ab. Sie steht für den Teil des Pferdekörpers, der im Stoffwechsel eine aktive Rolle spielt.
MKM errechnet sich aus der KM^0,75, d.h. ist für unser 400kg Beispielpferd = 89kg
Die wichtigste Größe ist der Energiebedarf, d.h. die Menge an Kohlenhydraten im Grundfutter: Dafür geht man (nach KIENZLE et al. 2010) bei einem leichtfuttrigen Kleinpferd von einer Energiemenge von 0,4 MJ pro kg MKM und Tag aus:
Der Erhaltungsbedarf unseres 400kg Kleinpferdes ist also = 0,4*89 = 36 MJ pro Tag.
Für den nächsten Schritt muss ich den Energiegehalt des Futters kennen. Wir gehen in unserem Beispiel davon aus, dass der Bedarf mit Weidegras, Heu oder Heulage gedeckt werden soll, und das Pferd keine nennenswerten Mengen Kraftfutter bekommt.
Diesen Energiegehalt liefert mir eine Analyse eines Futtermittel-Untersuchungslabors. Der Wert, den wir hier betrachten wollen, ist die ME-Pferd; die für Pferde bestimmte, im Raufutter enthaltene Metabolische Energie. Das Gras hat im Herbst und Winter niedrige Energiegehalte, die im Frühjahr ansteigen und ca. Ende Mai ihren maximalen Wert erreichen. Es ist also wichtig, dass wir für die Bedarfsberechnung den aktuellen Energiegehalt kennen. Wichtig ist desweiteren, dass die Energiegehalte meist für die Trockenmasse, also das getrocknete Gras angegeben werden. Wenn wir wissen wollen, wieviel Gras das Pferd fressen darf, bzw. wie lange es auf der Weide sein kann, brauchen wir den Energiegehalt des frischen Grases.
Gehen wir für unser Beispiel von Weidegras im Juli mit 2,5 MJ pro kg Frischgewicht aus. Davon braucht unser Pferd 36/2,5 = 14,4 kg Gras pro Tag. Man kann davon ausgehen, dass ein Kleinpferd, dass nur wenige Stunden pro Tag auf der Weide steht, 3-4 kg Gras pro Stunde frisst. Daraus errechnet sich eine Weidezeit von maximal 14,4/3 = 4,8 Stunden pro Tag.
Heu und Heulage für Pferde sollte Mitte-Ende Juni gemäht werden, wenn die Gräser bereits blühen. Das heißt wenn der Energiegehalt schon langsam wieder sinkt und der Strukturgehalt für das Pferd ausreichend hoch ist. Durchschnittswerde für das Heu eines Jahres werden meist von den Landwirtschaftskammern der Bundesländer bzw. deren Analyselaboren (LUFA) erhoben. Für 2018 liegt der Energiegehalt für Heu, dass von der LUFA Nord-West erhoben wurde bei 7,3 MJ pro kg Trockenmasse (TM). Da Heu 15% Wasser enthält und Heulage 25-30%, müssen wir den Energiegehalt um diesen Wassergehalt korrigieren, um die Menge Heu zu bestimmen, die unser Pferd pro Tag fressen sollte. Heu mit 7,3 MJ pro kg in der Trockenmasse hat daher 6,2 MJ pro kg im verfütterten Heu.
Bei einem Bedarf von 36 MJ sollten wir demnach 36/6,2 = 5,8 kg Heu pro Tag an unser 400kg schweres Kleinpferd verfüttern.
Schaut man sich diese Futtermengen an, wird man sehr schnell darauf kommen, dass man damit niemals ausreichend lange Fressdauern erreichen bzw. lange Hungerphasen vermeiden kann. Lest weiter im Blog "Bewegung ist der Schlüssel" und "Grundfutter dem Bedarf anpassen", die demnächst erscheinen.